Vom Acker zum Asylheim: Mirabellenweg und Glücksburger Straße als fragwürdige Wahl

Standort Mirabellenweg

Halbherzige Lösungen und fehlende Transparenz

Die Landeshauptstadt München steht vor der gewaltigen Aufgabe, angemessene Unterkünfte für Geflüchtete zu schaffen. Während die Notwendigkeit, Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen, Schutz zu bieten, unbestritten ist, gibt es ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Standortauswahl und der Vorbereitungen, die die Stadt getroffen hat.

München, die selbsternannte Weltstadt mit Herz, scheint bei der Unterbringung von Geflüchteten das Herz und vor allem den Verstand zu vergessen. Die Stadt steht vor einer Mammutaufgabe und scheint dabei den einfachsten Weg zu wählen, ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Geflüchteten und der Anwohner.

Ackerland als “geeigneter” Standort?

Die vorgeschlagenen Standorte Mirabellenweg und Glücksburger Straße sind nichts weiter als leere Ackerflächen. Wo sind die Einkaufsmöglichkeiten, kulturellen Angebote, Schulen oder medizinischen Einrichtungen? Die S-Bahn-Station Johanneskirchen, die nur über Treppen erreichbar ist, scheint für die Stadt kein Problem zu sein. Aber was ist mit den Älteren, den Kindern, den Menschen mit Behinderungen?

 

Standort Mirabellenweg
Standort Mirabellenweg.
Sieht das aus als geeigneter Standort?

Münchens bequeme Entscheidungen

Es entsteht der Eindruck, dass die Stadt München sich aus Bequemlichkeit für diese Standorte entschieden hat, möglicherweise weil sie bereits im Besitz der Stadt sind. Die Antwort der Stadt auf die Bedenken der Bürger lässt viele Fragen offen. Es wird betont, dass “fachstellenübergreifend” geprüft wurde und die Standorte als “ausreichend” bewertet wurden. Aber was genau bedeutet das? Welche Kriterien wurden angewendet? Wer waren die Experten? Es fehlen konkrete Berichte oder Befunde, die zeigen, dass die Stadt ihre Hausaufgaben gründlich gemacht hat.

 

Korrespondenz mit der Stadt

Wir haben die Stadt München am 5.5.2023 angeschrieben und in Frage gestellt, dass diese Standorte geeignet sind:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir wenden uns heute an Sie, um unsere Bedenken bezüglich des möglichen Baus von Containerunterkünften für Geflüchtete in Johanneskirchen, bzw. an den Standorten Mirabellenweg und Glücksburger Straße, auszudrücken (siehe Anlage 1). Obwohl wir die Notwendigkeit erkennen, angemessene Unterkünfte für Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen, bereitzustellen, möchten wir einige Argumente anführen, die gegen die Errichtung solcher Anlagen in Johanneskirchen sprechen.

Das Sozialreferat ist nach eigenen Angaben bestrebt, eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Unterkünfte über das gesamte Stadtgebiet zu erreichen. Wir empfinden jedoch die Tatsache, dass es mit den geplanten Einrichtungen im Mirabellenweg und der Glücksburger Straße allein in unserer unmittelbaren Umgebung zukünftig drei Flüchtlingsunterkünfte geben soll, als unverhältnismäßig. An der Musenbergstraße betreibt die Regierung von Oberbayern bereits seit einem Jahr ein Ankerzentrum. (…)

(…) Zweitens sehen wir, die seit mehreren Jahren hier wohnen, dass die erforderliche Infrastruktur, so wie sie im Rundschreiben vom 12.04.2023 beschrieben ist (siehe Anlage 5), nicht gegeben ist. Johanneskirchen ist ein Stadtteil mit begrenzten Ressourcen und Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten und medizinischen Versorgungseinrichtungen. Es gibt auch kein Freizeit- oder Integrationsangebot für die Bewohner. Dazu ist die Verbindung zu öffentlichen Personennahverkehrsmitteln in der Umgebung gering, insbesondere an den Mirabellenweg- und Glücksburger Straßen-Standorten. Die S-Bahn-Station Johanneskirchen ist bis heute nur zu Fuß über Treppen erreichbar. Die Bahn lehnt Aufzüge wegen der Gleisausbaupläne ab. Das aber könnte noch Jahre dauern.

Eine plötzliche Erhöhung der Bevölkerung durch die Aufnahme von Geflüchteten wird zu einer Überlastung der vorhandenen Infrastruktur führen und die Lebensqualität der Anwohner beeinträchtigen. Uns stellt sich die Frage, ob das Sozialreferat vor der Beschlussfassung im Stadtrat einmal vor Ort war und eine Bestandsaufnahme gemacht hat. (…)

(…) Um ein besseres Verständnis für die Planung und Umsetzung des Projekts zu erhalten und um konstruktiv an der Diskussion teilnehmen zu können, und gemäß der Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Landeshauptstadt München (Informationsfreiheitssatzung) vom 8. Februar 2011 bitten wir Sie, die folgenden Fragen zu beantworten:

(…) Welche Maßnahmen sind geplant, um die fehlende Infrastruktur in der Nähe des geplanten Standorts zu verbessern und den Geflüchteten Zugang zu grundlegenden Versorgungseinrichtungen zu ermöglichen?

(…) Wie wird sichergestellt, dass ausreichende Bildungs- und Betreuungskapazitäten für die Kinder und Jugendlichen aus der Containerunterkunft vorhanden sind?

(…) Gibt es Pläne, den öffentlichen Nahverkehr im Bereich des geplanten Standorts zu verbessern, um den Geflüchteten eine bessere Anbindung an das Stadtzentrum und andere Stadtteile zu ermöglichen?

Die Antworten der Stadt München

(…) Die Identifizierung, Prüfung und Planung von geeigneten Unterkunftsstandorten erfolgt in der referatsübergreifenden Task Force „Unterbringung Flucht und Wohnungslosigkeit“ (TF UFW). Unter der Leitung des Sozialreferats, Amts für Wohnen und Migration, nehmen in diesem Gremium Vertreter*innen des Baureferats, Referats für Stadtplanung und Bauordnung, Gesundheitsreferats, Kommunalreferats, Kreisverwaltungsreferats, Mobilitätsreferats, Referats für Bildung und Sport (RBS), Sozialreferats, Referats für Klima- und Umweltschutz, der Stadtkämmerei sowie der ROB teil. Durch diesen unmittelbaren Austausch aller Fachdienststellen wird eine stadtweite Abstimmung und zügige Planung ermöglicht, die bereits im Planungsverlauf eine gleichmäßige Verteilung der Unterkünfte auf das gesamte Stadtgebiet berücksichtigt und die jeweilige Sozialinfrastruktur und örtlichen Rahmenbedingungen betrachtet.

Die bauordnungsrechtliche Vorprüfung der Standorte Mirabellenweg und Glücksburger Straße hinsichtlich des Bürgerbegehrens ergab, dass das Grünflächenbegehren dort einer Baugenehmigung nicht im Wege steht, da es sich um ein temporäres Vorhaben handelt. Auch wurde für den Standort vor Befassung des Stadtrates eine Machbarkeitsstudie erstellt, die zwischen den beteiligten Referaten abgestimmt wurde. Im Rahmen der Machbarkeitsstudie werden die für Unterkunftsanlagen vorgesehenen Grundstücke geprüft. Teil dieser Prüfung ist jeweils, ob überwiegende Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (einschließlich Artenschutz) einem Vorhaben entgegenstehen beziehungsweise welche naturschutzfachlichen Qualitäten vorhanden sind oder vermutet werden. Aufgrund dieser ersten Einschätzungen werden bei Bedarf Untersuchungen veranlasst (zum Beispiel zu artenschutzrelevanten Tierarten). Im Rahmen der Machbarkeitsstudien werden auch die Flächen reserviert, die für die naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen und für mögliche Artenschutzmaßnahmen benötigt werden.

Die von Ihnen vorgebrachten denkmalschutzrechtlichen Aspekte werden bei Bedarf ebenfalls noch vom Planungsreferat und dem Landesamt für Denkmalschutz weiter überprüft.

F: Welche Maßnahmen sind geplant, um die fehlende Infrastruktur in der Nähe des geplanten Standorts zu verbessern und den Geflüchteten Zugang zu grundlegenden Versorgungseinrichtungen zu ermöglichen?

A: Wie oben erwähnt und auch im Ihnen bekannten Info-Schreiben dargelegt, werden bei potenziellen Standorten alle infrastrukturellen Kriterien fachstellenübergreifend geprüft. Im Falle der geplanten Unterkünfte im Stadtbezirk 13 sind diese als ausreichend bewertet worden.

F: Wie wird sichergestellt, dass ausreichende Bildungs- und Betreuungskapazitäten für die Kinder und Jugendlichen aus der Containerunterkunft vorhanden sind?

A: Wie Ihnen bekannt ist, arbeitet bezüglich der Schul- und Kita-Versorgung das Sozialreferat eng mit dem Referat für Bildung und Sport (RBS) zusammen. Auf Grundlage der aktuellen Daten und Prognosen werden die Planungen für erforderliche räumliche Kapazitäten im RBS fortlaufend weiterentwickelt, damit ausreichende Kapazitäten für die schulische Versorgung zur Verfügung stehen. Durch die im Umfeld neu geschaffenen Betreuungsplätze für Krippen- und Kindergartenkinder kann davon ausgegangen werden, dass die Kita-Versorgung räumlich sichergestellt ist. Es ist mir wichtig, dass schulpflichtige Bewohner*innen von Unterkünften für Geflüchtete Integrationsmöglichkeiten durch den Schulbesuch haben, aber auch, dass sich dadurch die Schulsituation für die Bevölkerung nicht verschlechtert.

F: Gibt es Pläne, den öffentlichen Nahverkehr im Bereich des geplanten Standorts zu verbessern, um den Geflüchteten eine bessere Anbindung an das Stadtzentrum und andere Stadtteile zu ermöglichen?

A: Auf Anfrage teilte mir das Mobilitätsreferat hierzu Folgendes mit: „Der Nahverkehrsplan der LHM definiert Qualitätsstandards zur Beurteilung der Erschließung mit dem öffentlichen Nahverkehr. Dabei sind unter anderem Haltestelleneinzugsbereiche (Luftlinie) festgelegt, welche für U-/S-Bahn 600 m bzw. 800 m und für Bus/Tram 400 m bzw. 500 m (jeweils Gebiete mit hoher bzw. niedriger Nutzungsdichte) betragen. Damit erfüllen die beiden geplanten Standorte Mirabellenweg (rund 550 m zur S-Bahn) und Glücksburger Straße (rund 330 m zum Bus) die geforderten Qualitätsstandards gemäß Nahverkehrsplan der LHM. Natürlich sind Verbesserungen im Angebot des öffentlichen Nahverkehrs immer wünschenswert, dies muss jedoch mit der entsprechenden Nachfrage einhergehen. Aktuell sind in diesem Bereich keine kurzfristigen Anpassungen geplant.

Unzureichende Antworten. Wir fordern Transparenz!

Die Antworten der Stadt auf die gestellten Fragen sind vage und nicht zufriedenstellend. Es wird oft betont, dass verschiedene Referate und Fachstellen beteiligt waren, aber es fehlen konkrete Details. 

Zum Beispiel, wie wurde die Eignung der Standorte genau bewertet? Welche Maßnahmen sind geplant, um die fehlende Infrastruktur zu verbessern? Die Bürger von München haben ein Recht darauf, klare und transparente Antworten zu erhalten.

Es reicht nicht aus, sich hinter bürokratischem Jargon zu verstecken. Wir fordern klare, transparente und nachvollziehbare Antworten!

Lippenbekenntnisse statt echter Lösungen

Die Stadt behauptet, alles im Griff zu haben, aber die Realität sieht anders aus. Die geplanten Standorte sind unzureichend, die Infrastruktur fehlt, und die Antworten der Stadt sind bestenfalls oberflächlich. Die Bürger von München werden mit vagen Aussagen abgespeist, während die Stadt ihre eigenen Interessen verfolgt.

 

Schlusswort

Die Stadt München muss endlich Verantwortung übernehmen und sicherstellen, dass die Integration von Geflüchteten nicht nur auf dem Papier funktioniert. Es ist Zeit für echte Lösungen, echte Transparenz und echtes Engagement. Es ist Zeit, dass München zeigt, dass es wirklich eine Weltstadt mit Herz ist.

Die Integration von Geflüchteten ist eine komplexe Aufgabe, die sorgfältige Planung und Vorbereitung erfordert. Es reicht nicht aus, einfach zu sagen, dass “Fachleute” die Situation geprüft haben. Die Bürger von München verdienen Transparenz und klare Antworten. Es ist Zeit für die Stadt, ihre Entscheidungsprozesse offenzulegen und sicherzustellen, dass die gewählten Standorte tatsächlich im besten Interesse aller Beteiligten sind.